Foto: P. Kreber
Der Gemeinderat Nörtershausen hat in seiner Gemeinderatssitzung vom 14.05.2019 folgendes Positionspapier beschlossen:
Die Ortsgemeinde Nörtershausen-Pfaffenheck spricht sich gegen die geplante Errichtung von fünf WKA in der Gemarkung Niederfell aus.
Sie ist sich der Bedeutung der erneuerbaren Energien für das Gemeinwohl bewusst. Die Ortsgemeinde unterstützt die Energiegewinnung aus nicht-fossilen Brennstoffen und wird das neue Bürgerzentrum in Nörtershausen mit Holzpellets beheizen. Aus ihrer Sicht muss die Förderung regenerativer Energiegewinnungsformen aber in Einklang mit dem Schutz anderer wichtiger Interessen stehen. Dazu zählen in erster Linie die Selbstverwaltungshoheit der Gemeinde und die Belange ihrer Bürgerinnen und Bürger. Daneben ist es der Ortsgemeinde ein besonderes Anliegen, die Natur und das Landschaftsbild der unmittelbaren Heimatregion zwischen Mosel und Rhein zu schützen. Die WKA berühren diese Belange.
Der Ausgleich zwischen der Förderung erneuerbarer Energien und anderen schutzwürdigen Belangen erfordert eine überörtliche, am besten eine überregionale Planung. Vor diesem Hintergrund hat die Ortsgemeinde kein Verständnis dafür, dass die Landesregierung dieser Planungsnotwendigkeit seit Jahren nicht nachkommt und damit dem Wildwuchs an WKA Vorschub leistet.
Es ist die Absicht der Ortsgemeinde, diesen Wildwuchs im Vorderhunsrück zwischen Rhein und Mosel zu verhindern. Da sie selbst nur im Rahmen ihrer kommunalen Rechte verfahrensbefugt ist, wird die Ortsgemeinde im Rahmen ihrer Möglichkeiten Bürgerinnen und Bürger unterstützen, die sich gegen die WKA wenden. Sie befürwortet die Gründung einer Vereinigung zur Förderung des Naturschutzes im Vorderhunsrück. Eine solche Vereinigung könnte die Einwände gegen die jetzt geplanten WKA bündeln. Nach der entsprechenden Anerkennung kann sie später selbständig gegen Verletzungen des Naturschutzes vorgehen
Die Ortsgemeinde steht den geplanten WKA auch deshalb kritisch gegenüber, weil sie aus ihrer Sicht rechtlich bedenklich sind.
Sie sieht das interkommunale Rücksichtnahmegebot verletzt. Es ist nicht hinzunehmen, wenn eine Ortsgemeinde aus dem Betrieb der WKA sämtliche Vorteile zieht, während die umliegenden Ortsgemeinden nur Nachteile haben. Neben der Beeinträchtigung der Grundstückspreise durch die unschöne Aussicht auf die WKA ist die Erhöhung der Verkehrsbeeinträchtigung in der Bauphase und durch Kontrollfahrten zu nennen. Rechtlich ergeben sich gewichtige Beeinträchtigungen der städtebaulichen Entwicklung in der Ortsgemeinde. Diese hatte um eine Änderung des Flächennutzungsplans zwecks Ausweisung eines neuen Mischgebiets in Nörtershausen und eines kleinen Wohngebiets in Pfaffenheck gebeten. Auf Grund der WKA ist es fraglich, ob diese Planungen umsetzbar sind. Insbesondere scheint es aussichtslos, Wohngrundstücke mit Blick auf die WKA anzubieten.
Die WKA verstoßen aus Sicht der Ortsgemeinde gegen den Artenschutz (§ 44 BNatSchG). Am geplanten Standort sind – wie Wanderer und Radfahrer berichten – besonders geschützte Tierarten anzutreffen. Genannt wurden Haselmaus, Rotmilan und Wespenbussard. Die Berichte sind nachvollziehbar, da die Tiere im fraglichen Bereich geeignete Gegebenheiten vorfinden. Die Haselmaus bevorzugt Sträucher, Waldrand- und Saumstrukturen, der Rotmilan ein Mosaik aus Wirtschaftsflächen und bewaldeten Gebieten und der Wespenbussard findet dort ein ausreichendes Nahrungsangebot.
Die WKA dürften ferner gegen die Landesverordnung (LVO) über das „Landschaftsschutzgebiet Moselgebiet von Schweich bis Koblenz“ vom 17. Mai 1979 verstoßen. Der danach zur Errichtung baulicher Anlagen erforderlichen Genehmigung steht entgegen, dass die WKA in den Schutzzweck der Verordnung eingreifen und kein Ausgleich möglich ist. Schutzzweck der LVO ist die Erhaltung der landschaftlichen Eigenart und Schönheit des Moseltales als Kulturlandschaft (Terrassenmosel) und seiner Seitentäler. Beides wird durch die Errichtung von fünf 250 m hohen WKA an einem exponierten Standort zerstört. Die Beeinträchtigung des Schutzzwecks ist relevant, da der fragliche Bereich weder bebaut noch durch vergleichbare Anlagen vorbelastet ist. Zudem liegt er an der Hangkante zum Moseltal und zu den naturnahen Seitentälern des Aspeler und des Oberfeller Bachs.
Die Ortsgemeinde geht davon aus, dass der Transport der Bauteile der WKA über die Kreisstraße von Pfaffenheck nach Oberfell erfolgen soll. Sollte wegen der Größe der Bauteile und der Radien der Straße der innerörtliche Gehweg genutzt werden müssen, sieht die Ortsgemeinde darin eine genehmigungspflichtige Sondernutzung, zu der sie ihr Einvernehmen nicht erteilen wird (§ 34 Abs. 1 LStrG).
Abschließend appelliert die Ortsgemeinde an die Verbandsgemeinde, die geplanten WKA zum Anlass zu nehmen, in einem erneuten Anlauf Vorrangflächen für WKA im Flächennutzungsplan auszuweisen. So wäre gewährleistet, dass WKA künftig nur an Stellen errichtet werden, für die eine Interessenabwägung erfolgt (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB).